Samstag, 5. November 2022

[Rezension #182] Eine Polin für Oma

 

Titel: Eine Polin für Oma

Autor*in: Ingeborg Haffert

Erschienen in Deutschland: 2014

Originaltitel: -

Erschienen in -: -

Übersetzer*in: -

 

 

Weitere Informationen:

Genre: Sachbuch

Preis: € 16,99 [D] | € 17,50 [A]

Seiten: 252

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-430-20166-7

Verlag: Econ

 

Inhalt:

Immer mehr Angehörige wissen sich nicht anders zu helfen und heuern für ihre alten Eltern eine Pflegekraft aus Osteuropa an. Die Pflegekräfte arbeiten rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, für etwa 1000 Euro im Monat. Mehr als 200 000 Pflegebedürftige werden so bereits betreut, Tendenz steigend. Ingeborg Haffert hat Angehörige, polnische Pflegekräfte und Pflegebedürftige begleitet und berichtet von gravierenden Misständen und Problemen auf allen Seiten. Doch sie zeigt auch, wie sich der Pflege-Alltag durch einfache Grundregeln verbessern lässt, und liefert dazu konkrete Hilfsangebote.

 

Meinung (Achtung, möglicherweise Spoiler!):

Das Buch hier ist irgendwann als gebrauchtes Buch in meinen Besitz gewandert, aber wann und wie genau, kann ich heute nicht mehr sagen. Aber das ist auch nicht so wichtig. Auch wenn das Buch von 2014 ist, ist es noch lange nicht veraltet oder unaktuell. Gut, ich kenne mich nicht aus, was die Menge an polnischen Pflegekräften heute angeht, aber die Tatsache, dass immer mehr Menschen alt werden und auf Pflege angewiesen sind, steht ja nach wie vor im Raum. Nicht jeder kann das machen und/oder will das machen. Oder ist überhaupt dafür geeignet, psychisch/physisch. Überhaupt rückt ja die Themen Alterspflege wie Altersrente immer mehr ins Bewusstsein der Leute, aber so richtig getan hat sich da noch nichts.

Ich wusste vor dem Lesen des Buches nicht, dass man dann dafür Menschen aus dem Ausland, inbesondere Polen beschäftigt, was aber auch vermutlich daran liegen könnte, dass ich mich nicht mehr in einer solchen Pflegesituation befinde. Daher fand ich es zum einen interessant, dass es solche Angebote gibt; aber auch erschreckend, dass sie überhaupt in Anspruch genommen werden müssen. Altenheime und derartiges kann gerne mal für die Betroffenen zu teuer sein; oder die alten Menschen wollen verständlicherweise nicht aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen werden. Ich kann mir auch vorstellen, dass es je nach (geistiger) Krankheit, wie zum Beispiel Alzheimer, vielleicht auch gar nicht gut ist, wenn sich die Menschen neben all den Problemen, dei sie im Alltag haben, dann auch noch an eine neue Umgebung gewöhnen müssen. Und nicht jedes Kind kann sich um seine Verwandten kümmern oder hat keinen guten Draht zu ihnen, so dass das für den Nachwuchs auch gerne mal nicht mal in Frage kommt.

Aber ich fands auch erschreckend, dass polnische Menschen es in ihrer Heimat so schwer haben, Arbeit zu finden, wenn sie ein bestimmtes Alter erreicht haben. Oder wenn sie aus irgendwelchen unglücklichen Umständen zu Frührentnern werden und dann monatlich von 200/300 Euro leben müssten. Dass überhaupt die Notwendigkeit besteht, sich deshalb im Ausland eine derartige Arbeit suchen zu müssen, fand ich schon bedrückend.

Das Buch selbst fand ich sehr interessant, zumal hier wirklich auf alle Perspektiven der direkt Beteiligten eingegangen wird; man kann hier lesen, wie einzelne Personen als Vertreter erzählen, wie sie die Situationen erlebt haben. Man liest von der Tochter, die sich nicht anders zu helfen weiß und sich deshalb eine polnische Pflegekraft holt, die aber zu ihrem Schock und ihrer Scham ständig mit den Angriffen des Vaters zu kämpfen hat. Man liest von der Pflegekraft, die ihre Familien vermissen und entweder ein gutes Erlebnis haben - oder ein schreckliches. Je nach dem, wie mit der Pflegekraft umgegangen wird, wie ein zusätzliches Familienmitglied, wie eine professionelle Arbeitskraft oder wie eine Sklavin. Und man liest auch, wie sich die älteren Leute fühlen, wie es ist, sich auf eine fremde Person einzulassen und mit ihr den gemeinsamen Alltag gestalten zu können.

Ich fand es gut, dass man hier auch auf die verschiedenen Zusammenarbeitsmodelle eingegangen ist, sowohl auf die Schwarzarbeit, als auch die unterschiedlichen Vertragsarbeiten.

Im vierten und letzten Kapitel dagegen werden Alternativen aufgezeigt, wo es überall hakt und wo man noch nachbessern müsste, und auch, was getan werden müsste, damit die Situation für alle besser wäre. Ein fester Vertrag mit den gleichen Arbeitsrechten, die hier ein deutscher Mitarbeiter sonst auch hätte. Unterstützung für die polnische Pflegekraft, wie auch ein Deutschkurs und eine Pflegeausbildung, denn viele Damen werden mit einem Kleinbus aus Polen nach Deutschland gefahren, bekommen eine Ein-Tages-Schulungen und keinen Deutschkurs, müssen sich also die Sprache von Grund auf selbst beibringen. Im Alltag, während sie sich bereits um Oma oder Opa kümmern. Auch wird hier erwähnt, dass die Pflege in Filmen und Serien gerne mal etwas total einfaches dargestellt wird, was kaum Zeit frisst und weshalb die Pflegenden wohl viel Spaß und Freizeit haben. Denn manche Dame aus Polen berichtet, dass die Angehörigen ihnen noch zusätzliche Aufgaben aufbürden, weil "sie ja eh jeden Tag da sind" oder "gar nicht so viel zu tun hätten."

Natürlich gibt es dank Firmen wie FairCare oder Caritas24 auch Fälle, wo es besser läuft und die Pflegekräfte seltener ausgenutzt werden.

 

Fazit:

Um ehrlich zu sein, so richtige Gedanken, wie es bei mir später sein würde, habe ich mir noch nicht gemacht. Mir wäre es auch am liebsten, wenn ich im Alter so lange daheim bleiben könnte, wie es mir möglich ist; ansonsten eben ein betreutes Wohnen. Je nach dem, wie die Lage später aussieht. Heutzutage sind die Pflegekräfte ja an ihrer Belastungsgrenze, nicht erst seit Corona, aber es wurde damit noch einmal aufgedeckt. Ich fand das Buch unglaublich informativ und zeigt, dass es nicht nur die bösen Verwandten gibt, die Oma/Opa einfach in die Hände einer fremden Person abschieben. Es zeigt dagegen auf, wo es überall falsch läuft und wie man es besser machen könnte. Zeigt die verschiedenen Ursachen auf, wie es zu so einer Beschäftigung kommen kann.

Von mir bekommt das Buch insgesamt fünf Sterne.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle:

Foto: Selbst geschossen

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