Titel: Feldpost
Autor*in: Mechtild Borrmann
Erschienen in Deutschland: 2022
Originaltitel: -
Erschienen in -: -
Übersetzer*in: -
Weitere Informationen:
Genre: Historisch, Drama, Gay Romance
Preis: € 23,00 [D] | € 23,70 [A]
Seiten: 393
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-426-28180-2
Verlag: Knaur HC
Inhalt:
Richard Martins, mittlerweile ein alter Mann, ist der Absender der Feldpostbriefe und voller ambivalenter Gefühle, als er plötzlich mit seinen Briefen, die er vor über 50 Jahren geschrieben hat, konfrontiert wird. Er erinnert sich an seine Freunde, die Geschwister Adele und Albert Kuhn, die im Kassel der 1930er-Jahre ein normales bürgerliches Leben führten. Als Vater Kuhn zusammen mit seiner Frau Deutschland wegen hitlerfeindlicher Äußerungen verlassen muss, bleiben Adele und Albert zurück. Eigentlich würden sie mit Unterstützung von Richards Familie gut zurechtkommen, wären da nicht die Unvorsehbarkeit der ersten Liebe, die sich partout nicht in das rigide Moralbild eines der finsteresten Kapitel der deutschen Geschicht fügen will, und der unheilvolle Hausverkauf.
Meinung (Achtung, möglicherweise Spoiler!):
Noch ein Buch, dass letztens im Buchladen im Angebot war - und hey, bei der Beschreibung konnte ich auch nicht nein sagen. Und auch wenn ich normal eher ein Fan von bunten Bildern bzw farbfrohen Covers, aber dieser Sepialook hier hat schon was. Was richtig nostalgisches, es passt also zum Buch, da es sowohl in der Gegenwart, als auch in der Vergangenheit spielt. Und ich war auch vorher schon neugierig, da ich bisher nur die Beschreibung auf dem Buchrücken kannte, dieser lautete jedoch anders. Dort lag der Fokus komplett auf Cara Russo, die zweite der Hauptcharaktere. Daher war ich total überrascht, um welches Liebespaar es genug gehen würde.
Aber zuerst mal ein paar Worte zur Story. Man bekommt sie abwechselnd von vier Personen erzählt, die in unterschiedlichen Zeiten leben. Die erste Sicht ist Cara Russo, die per Zufall in die ganze Sache reingezogen wird und sich dann auf die Suche nach der Wahrheit macht, da sie durch die Feldpostbriefe total neugierig geworden ist. Sie und Richard kommen auch recht schnell in Kontakt und tauschen sich das eine oder andere Mal aus. Achja, falls das nicht offensichtlich ist: Beide Parts spielen in der Gegenwart.
Richard muss dagegen auch sehr oft an die Vergangenheit denken, während er seine eigenen Recherchen anstellt. Gleichzeitig versucht er, seine Frau auf keine falschen Gedanken zu bringen, vor allem, da er sie ja auch liebt. Wenn man mich fragt, ich denke eher, dass Richard bi als schwul ist. Denn in seiner Jugend hat er eine Beziehung mit einem jungen Mann, aber später verliebt er sich in eine Frau und heiratet sie auch, nicht nur als bloßes Alibi oder so. Er sagt selbst: "[...] ich liebe Frieda. Aber anders, als ich Albert geliebt habe. Uns verbinden Vertrauen, Verlässlichkeit und Humor. Ich kann mir keinen besseren Menschen an meiner Seite vorstellen."
Es könnte natürlich auch sein, dass er vielleicht heteroromantisch und homosexuell ist, aber auf der anderen Seite muss man natürlich auch nicht in so vielen verschachtelten Schubladen denken. Vielleicht würde es die Dinge auch nur verkomplizieren.
Jedenfalls geht es darum, dass er und Albert ein Paar waren und das hat ihnen leider sehr viele Probleme bereitet. Als jemand, die in der heutigen Zeit bzw in den 90igern geboren und doch in einer recht toleranten Umgebung aufgewachsen bin, ist es für mich unverständlich, warum man Menschen wegen ihrer Sexualität verurteilt, schlecht behandelt etc. Und ich bin mir bewusst, dass es heute noch Länder gibt, wo es noch leider Gang und Gebe ist.
Dann gibt es noch die Parts aus der Vergangenheit. Zum einen bekommt man das Leben von Adele mit und wie sie über die ganze Situation denkt, besonders die von ihrer Familie, dem Haus das sie einer befreundeten Familie überlassen mussten und die "brisante Sache" zwischen Richard und ihrem Bruder. Der letzte POV ist von Gerhard, man liest von ihrem Leben auf der Flucht, wie sie sich teilweise ein neues Leben aufbauen. Doch im Verlauf des Krieges sind sie auch in ihrem neuen Ort nicht sicher und sie versuchen sich nach Kanada durchzuschlagen. Gleichzeitig geht es seiner Frau Katharina nicht so gut, sie hat es mit dem Herzen und allein die Sorge um ihre Kinder tut ihrer schwachen Gesundheit absolut nicht gut. Ihre Parts spielen zwischen 1935 und 1945.
Ich fand die ganzen Geschichten und Sichten interessant, aber auch teilweise dramatisch zu lesen. Besonders, wenn sie hoffen: Ach, das geht bald wieder vorbei. Bald ist alles wieder normal! Es wird keinen Krieg geben!
Und als der Krieg anfängt, sind sie überzeugt: Hey, der Krieg ist zwar da, aber bald vorbei. Und er wird nicht ins Land kommen.
Zu wissen, wie es weitergeht, wie falsch sie jedesmal mit ihren verständlichen, aber auch naiven Hoffnungen lagen, hat mich schon ein wenig traurig gemacht, da hatte ich schon Mitleid mit ihnen.
Langsam, Stück für Stück, entfaltet sich die Geschichte und man findet heraus, was damals alles passiert ist, wie das Ganze für Adele und ihre Familie ausging. Welche Schicksale sie ereilt hatten. Sowohl durch die Nachforschungen von Cara und Richard, als auch durch das aktive Mit-Erleben von Adele und Gerhard. Manche Punkte klären sich erst spät, besonders die Ungereimtheiten haben mich beim Lesen sehr lange begleitet, bis sie schließlich aufgelöst wurden.
Achja, wer bei dem Buch nur Happy Ends und pure Glücklichkeit erwartet, wird hier enttäuscht werden. Es ist keine schöne oder erbarmungslose Zeit, in welcher Adele und Gerhard leben, aber das muss ich euch ja nicht sagen. Gleichzeitig hatte auch ich natürlich auf besseres gehofft :/
Es war immer ein schöner Wechsel zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit und ich habe das Lesen sehr genossen. Mit dem Buch war ich dann doch schneller durch als gedacht.
Fazit:
Ja, doch, das Buch hat mich sehr beeindruckt und auch öfters überrascht. Oft genug dachte ich mir: Nein, mach das nicht! Oder mach das anders! Aber als jemand, der für diese Personen quasi "aus der Zukunft kommen würde", spreche ich mich da natürlich ganz einfach. Trotz der schweren Themen und Schicksale hatte ich viel Spaß beim Lesen und ich wurde damit am Ende positiv überrascht. Zwar würde ich das Buch nicht als Meisterwerk bezeichen, aber es hat mir dennoch sehr gut gefallen. Von mir bekommt es insgesamt vier Sterne und eine Leseempfehlung!
Quelle:
Foto: Selbst geschossen
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