Dienstag, 9. Juli 2024

[Rezension #321] Villa Conrad

 

 

Titel: Villa Conrad

Autor*in: Nora Elias

Erschienen in Deutschland: 2020

Originaltitel: -

Erschienen in -: -

Übersetzer*in: -

 

 

Weitere Informationen:

Genre: Drama, Hetero, Slice of Life, Historisch

Preis: € 10,00 [D] | € 10,30 [A]

Seiten: 576

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-442-48999-2

Verlag: Wilhelm Goldmann Verlag

 

Inhalt:

Frankfurt in den Goldenen Zwanzigern: Der Großindustrielle Günther Conrad befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Doch während seine älteste Tochter Clara alle Erwartungen erfüllt und den Unternehmer Eduard Jungbluth heiratet, entpuppt sich Conrads Sohn und künftiger Nachfolger Raiko als Pantoffelheld. Die meisten Sorgen bereiten Conrad aber seine beiden jüngsten Kinder, die Zwillinge Sophia und Ludwig. Sie verbringen ihre Zeit lieber mit Schauspielern als in der besseren Gesellschaft. Als sich Sophia in den Sinto Vincent Rubik verliebt, bahnt sich mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten eine Katastrophe an. Denn Sophia geht für ihre Liebe Risiken ein, die sie und ihre Familie in den Abgrund zu reißen drohen ...

 

Meinung (Achtung, möglicherweise Spoiler!):

Woher ich das Buch genau habe, kann ich nicht mehr ganz so genau sagen. Ich vermute mal, dass es auch eins der unzähligen Bücher war, die ich letzes Jahr geschenkt bekommen hatte. Aber ist ja auch egal, zumindest würde die Herkunft keinen großen Unterschied machen. Neugierig war ich trotzdem, auch wenn ich nicht dachte, dass es etwas besonders sein würde. Allerdings gab es einen ähnlichen Roman, der mir sehr gut gefallen hat ("Das Grand Hotel" von Caren Benedikt), daher wollte ich diesem Buch auch eine Chance geben.

Und ich muss sagen, jetzt im Nachhinein, nein, schon beim Lesen war ich positiv überrascht, aber auch schockiert. Anfangs wurden bereits viel zu viele Personen auf einmal gezeigt, da kam ich auf den ersten Seiten durcheinander, wer jetzt nun wer ist und welche Rolle die Person spielt. Nach ein paar wenigen Kapiteln hatte es sich jedoch eingependelt und ein paar Personen standen mehr im Vordergrund als andere, was mir das Lesen dann auch erleichtert hat. Doch warum hat es mich schockiert? Nun, wenn man sich anschaut, in welchem Zeitraum der gesamte Roman spielt, zwischen Dezember 1928 und Mai 1945, der Roman spielt in unserer Welt, unserer Realität, in Frankfurt am Main - ich denke, ich könnt euch denken, was mich so daran schockiert hatte. Aber ich werde noch genauer darauf eingehen.

Das Buch verfolgt mehrere Perspektiven, aus denen die Geschichte fortlaufend erzählt wird, hin und wieder überschneiden sich die Geschichten, treffen sich kurz oder verlieren sich aus den Augen, das ist echt entschiedlich. Gleichzeitig sieht man, dass so gut wie jeder sein eigenes Päckchen zu tragen hat, oder ihr eigenes Päckchen. Und ich gehe mal kurz darauf ein:

Das erste Duo sind Sophia und Vincent, sie ist die Tochte des reichen Fabrikanten Conrad, er ein Schauspieler. Wie man schon beim Inhalt gelesen hat. Die beiden verlieben sich ineinander und das stellt sie vor sehr viele Probleme.

Das zweite Duo sind Emilia und Raiko, letzterer ist Sophias älterer Bruder, und Emilia seine Ehefrau. Erst wirkt alles wie Friede-Freude-Eierkuchen, aber dann kommt es immer mehr zu einer Ehekriese, besonders, als Raiko auch noch anfängt, mit einer gewissen Partei zu liebäugeln.

Dann gibt es noch zwei weitere Geschwister, deren Sicht man im Buch verfolgt: Clara und Ludwig. Während Ludwig eher freiheitsliebend ist und sich gerne für andere Menschen einsetzt, auf die eine oder andere Weise, entwickelt sich Clara recht schnell negativ weiter.

Überhaupt ist es interessant zu sehen, wie die Charaktere die Ereignisse, die Veränderungen, den aufkeimenden Horror erleben - oder wissentlich ignorieren und als Fakenews (bzw Feindpropaganda) abstempeln. Gut, ich wusste ja, was da passiert ist, aber man erlebt da quasi den Alltag dieser Personen und zack, passieren die Dinge einfach so im Hintergrund. Trotzdem werden alle mehr oder weniger davon beeinflusst, positiv wie negativ. Und ich fand es einfach nur erschreckend, aber deshalb auch so gut geschrieben. Man weiß, was kommt, man kann es nicht verhindern, man wünscht sich, dass die Charaktere dagegen etwas machen wollen. Aber manche von ihnen profitieren davon, akzeptieren es oder nehmen es wegen ihrer eigenen Probleme nicht so richtig wahr. Natürlich gab es auch welche, die dagegen waren und das getan haben, was in ihrer Macht stand, so ist es nicht.

Es war ein eigenartiges Gefühl, das ich nicht so richtig beschreiben kann. Natürlich geht es, wie man oben gelesen hat, bis zum Ende des Kriegs und es werden auch die Auswirkungen auf die normale Bevölkerung gezeigt. Stark rationierte Mahlzeiten, Trümmerfrauen, Krankheiten, Leid, Obdachlosigkeit - auch das war eigentlich harter Tobak zu lesen.

Achja, als ich den Teil mit den Moorsoldaten gelesen habe, musste ich sofort an die Version von Die Toten Hosen denken - die Version finde ich richtig gut. Und ja, das Lied selbst kam im Buch (in Teilen) natürlich auch vor.

 

Fazit:

Vielleicht hört sich das ja falsch an, aber das Buch ist richtig gut geschrieben und ich hatte deswegen viel Spaß beim Lesen. Auf der einen Seite, weiß man ja dank des Geschichtsunterrichts, was da passiert ist. Oder auch von anderen fiktiven Geschichten, die diese Zeit behandelt haben. Das hätte ich nicht vermutet, ich dachte, das Buch wäre eher mittel für mich. Tja, so kann man sich irren. Von mir bekommt das Buch insgesamt fünf Sterne und eine Lese-Empfehlung. Denke, ich werde es auch behalten.

 

 

 

 

 



Quelle:

Foto: Selbst geschossen

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