Freitag, 8. November 2024

[Rezension #352] 362 Tage

 

 

Titel: 362 Tage

Autor*in: Alan Schweingruber

Erschienen in Deutschland: 2024

Originaltitel: 362 Tage

Erschienen in der Schweiz: 2024

Übersetzer*in: -

 

 

Weitere Informationen:

Genre: Slice of Life, Hetero, Drama

Preis: € 25,00

Seiten: 216

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-907339-54-1

Verlag: Edition Königstuhl

Rezensionsexemplar: Ja

 

Inhalt:

Der geschiedene Linus Lanz, Edelgastronom und Besitzer eines der originellsten Restaurants in ZĂŒrich, einem HĂ€uschen auf einem Floss am Ufer der Limmat, verliebt sich in Elena, eine Maskenbildnerin aus Berlin. Bald erfĂ€hrt er: Elena ist schwer krank, sie wartet auf eine Spenderniere. Unter diesen UmstĂ€nden verbinden sich die Liebenden umso enger, Elena zieht zu Linus in die Schweiz. Die NĂ€he zu ihm und der warme Sommer in ZĂŒrich verleihen Elena Kraft und Hoffnung. Als der Herbst naht, plant Linus Lanz eine Überraschungsreise in ein abgelegenes Tessiner SteinhĂ€uschen aus Anlass ihrer Begegnung vor einem Jahr. Aber kurz vor Abreise, 362 Tage nach ihrer ersten Begegnung, bekommt Lanz einen Anruf aus dem Krankenhaus.

 

Meinung (Achtung, möglicherweise Spoiler!):

Das hier ist ein Rezensionsexemplar, welches ich ĂŒber Literaturtest zur VerfĂŒgung gestellt bekommen habe, vielen lieben Dank an der Stelle. Aus persönlichen GrĂŒnden fand ich die Beschreibung des Buches mehr als ansprechend, auch war ich neugierig, was wohl passiert ist (auch wenn ich bereits den einen oder anderen Verdacht hatte) und wie die Geschichte fĂŒr die beiden ausgehen könnte. Positiv oder negativ, ich hatte beides vermutet. Und ich bin froh, dass ich in der Lage war, das Buch zu lesen, denn mir hat das Buch richtig gut gefallen. Meine Meinung wird also rein auf dem Buch basieren, die Tatsache, dass es ein Rezi-Exemplar ist, spielt wie gewohnt keine Rolle.

Man wird direkt in den Alltag von Linus geworfen, wie er sich mit seinen tĂ€glichen GeschĂ€ften und Problemen herumschlagen darf, wie auch um die teilweise sehr speziellen WĂŒnsche seiner StammgĂ€ste. Außerdem planen mancher seiner StammgĂ€ste das Restaurant von ihm abzukaufen und einen kompletten Stilwechsel zu durchziehen. Zwar zieht es es kurz in ErwĂ€gung, entscheidet sich allerdings dagegen. NatĂŒrlich passiert noch mehr, und das sind alles mehr oder weniger wichtige Nebengeschichten. Dennoch finde ich es gut, dass sie mit dabei sind, es ist nicht zu abwegig, oder zu langweilig, sondern zeigt das normale Leben eines normalen Menschen. Dass viel normales passiert, aber auch viel schrĂ€ges, auf das man keinen Einfluss haben kann.

Besonders zeigt sich das in der Hauptgeschichte. Die beiden fingen langsam zueinander und Elena hat das eine oder andere Geheimnis, doch er lĂ€sst ihr den nötigen Freiraum und bedrĂ€ngt sie da nicht. Stattdessen will er ihr jede Angst und jedes Bedenken nehmen, doch bald kommt ihr Geheimnis dann doch ans Tageslicht. Ganz ehrlich, ich kann mir vorstellen, dass sie es nicht ewig vor ihm verstecken wollte, sondern, dass es ihr einfach generell schwerfĂ€llt darĂŒber zu reden, weil sie selbst damit nicht so ganz klarkommt. Zumindest machte sie den Eindruck auf mich, besonders, da sie ihren Schand unter einem kleinen StĂŒck Stoff versteckt.

Dass sie wegen der Dialyse total eingeschnitten ist, sowohl bei den GetrĂ€nken, als auch beim Essen oder auch beim Reisen, ist da auch vollkommen normal. Ein bisschen hat es mich verwirrt, dass Elena pro Tag einen Liter drinken durfte, da ich es ein wenig anders kenne, aber ich bin auch nicht zu 100% in dem Thema drin, bzw keine direkt Betroffene, daher kann es sein, dass es in der Schweiz oder bei Elena anders ist. Ansonsten fand ich es auch bewegend, dass Linus versucht hat, die Petition fĂŒr die Widerspruchslösung zu unterstĂŒtzen. Schließlich, gegen Ende der Geschichte haben die beiden nochmal eine schöne Zeit zusammen, bis dann der Anruf kommt ...

Ich werde das Ende jetzt nicht spoilern, keine Sorge, aber ich kann sagen, was ich wÀhrend des Lesens empfunden habe. Es hat mich tief bewegt, wie die Geschichte ausgegangen ist und irgendwo hatte ich damit gerechnet, aber auch nicht. Es war ein rundes, passendes Ende und man wird dann wieder aus Linus' Leben entlassen, so schnell und simpel, wie man es betreten hat.

Ganz kurz, ich hatte ja bereits angedeutet, dass ich mit diesem Thema ebenfalls in Kontakt gekommen bin, was daran liegt, dass meine Mutter zu Lebzeiten ebenfalls Dialysepatientin war. Auch sie hatte Probleme mit dem Immunsystem, musste an drei Tagen der Woche fĂŒr mehrere Stunden zu Dialyse fahren, war auch total eingeschrĂ€nkt. Vieles durfte sie nicht essen, weil es zu viel Wasser oder andere Inhaltstoffe hatte, darum durfte sie auch nur 500 ml am Tag trinken, weil sie den Rest ĂŒber die Nahrung bekommen hatte. Reisen war auch nicht wirklich drin, nur ĂŒbers Wochenende. Sorry, wenn ich an dieser Stelle nicht weiter ins Detail gehen möchte, nur eben kurz zur ErklĂ€rung, dass ich eben wie gesagt aus privaten GrĂŒnden Interesse an dem Buch hatte, da ich in der gleichen Position wie Linus war. In der Positon, in welcher man passiv auf ein Spendeorgan mitwartet. Und ja, ich persönlich bin fĂŒr die Widerspruchslösung, ich laufe auch schon ewig mit einem Spendeausweis herum.

Das Thema wurde in meinen Augen respektvoll aufgearbeitet, ohne dass das Opfer zu sehr verhĂ€tschelt wird oder dass hier irgendwas ĂŒberzogen oder verharmlost wurde. Man sieht auch trotzdem, wie das normale Leben nebenbei lĂ€uft, sowohl fĂŒr Linus, als auch fĂŒr Elena. Es mag einem absurd erscheinen, aber wenn man sich nicht zu 100% von seiner Krankheit beherrschen lĂ€sst, und der eigene Zustand dies auch ermöglicht, dann kann man sowas wie einen normalen Alltag haben. Den UmstĂ€nden entsprechend natĂŒrlich.

Kurz zum Cover, ich kenne mich mit Fischen absolut nicht aus, laut Google Lens ist es eine Rotfeder? Leider sehe ich den Zusammenhang nicht so ganz, aber vllt kenne ich nur den Hintergrund nicht. HĂŒbsch ist der Fisch auf jeden Fall. Und wilde Theorien möchte ich jetzt auch nicht in den Raum werfen, das wĂ€re hier nicht so passend.

 

Fazit:

Das Buch hat mich an mehreren Stellen und aus mehreren GrĂŒnden berĂŒhrt, gleichzeitig hat es mich auch zum Nachdenken gebracht. Klar, Tod und Krankheiten sind Dinge, ĂŒber die man sich keine Gedanken macht, machen möchte, und dennoch sollte man es eigentlich tun. Achja, falls das jemanden interessieren sollte, es gab in der Schweiz eine Volksabstimmung, in welcher sich eine Klare Mehheit fĂŒr die Widerspruchsregelung entschieden hat. Es tritt wohl 2026 in Kraft. Bei uns ist das noch in weiter Ferne, aber Initiativen in Bundesrat und Bundestag wollen das wohl Ă€ndern.

Gut, das wollte ich nur kurz hinzufĂŒgen, zurĂŒck zum Buch. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, es war ruhig, sehr ruhig, aber das war eine angenehme Ruhe. Oft mag ich das nicht, aber hier war es passend. Von mir bekommt das Buch insgesamt fĂŒnf von fĂŒnf Sternen und eine klare Lese-Empfehlung. Und vergesst nicht, euch einen Organspendeausweis zu holen, egal, ob ihr euch fĂŒr "Ja", "Ja, aber..." oder "Nein" entscheidet. Lasst euch beraten, wenn ihr Bedenken habt und erleichtert es euren Angehörigen, falls es doch mal zum Todesfall kommen sollte und sie nicht euren Willen dazu kennen.

 

 

 

 


 

Quelle:

Foto: Selbst geschossen

prosenectute.ch

deutschlandfunk.de

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