Mittwoch, 23. Oktober 2019

[Rezension #103] Bob, der Streuner



Name: Bob, der Streuner
Autor: James Bowen
Genre: Nacherzählung, Drama
Preis: € 8,99 [D] | E 9,30 [A]
Seiten: 252
Sprache: Deutsch
Erscheinungsjahr: 2013
ISBN: 978-3-404-60693-1
Verlag: Bastei Lübbe AG




Beschreibung:
Als James Bowen den verwahrlosten Kater vor seiner Wohnungstür fand, hätte man kaum sagen können, wem von beiden es schlechter ging. James schlug sich als Straßenmusiker durch, er hatte eine harte Zeit auf der Straße hinter sich. Aber dem abgemagerten, jämmerlich maunzenden Kater konnte er einfach nicht widerstehen, er nahm ihn auf, pflegte ihn gesund und ließ ihn wieder laufen. Doch Bob war anders als andere Katzen. Er liebte seinen neuen Freund mehr als die Freiheit und blieb. Heute sind sie eine stadtbekannte Attraktion, ihre Freundschaft geht Tausenden zu Herzen ...

Meinung (Achtung, möglicherweise Spoiler!):
Ich muss ganz ehrlich zugeben, bis vor kurzem kannte ich weder James noch Bob, noch die Geschichte der Beiden. Zwar hab ich den Buchtitel irgendwann, irgendwo mal gelesen, aber so wirklich kannte ich es nicht. Auch wusste ich bis gestern nicht, dass es dazu auch eine Verfilmung gibt, bis mich ein Klassenkamerad gefragt hat, ob ich die Verfilmung auch kennen würde. Zusätzlich weiß ich nicht mehr, wo und wann ich das Buch bekommen habe, es ist auf jeden Fall gebraucht gewesen. Was mich persönlich nicht stört. Und da es auf meinem Stapel recht weit oben lag und auch eher dünn ist, im Gegensatz zu dem anderen Buch, das ich auch grad lese, kam mir das Buch sehr recht. Da ich keine Ahnung hatte, was mich eigentlich erwarten würde, hatte ich auch keine Erwartungen, die damit gebrochen werden könnten.

Nun, was soll ich sagen, ich hatte beim Lesen des Buches viel Spaß und ich habe mich immer wieder gefragt: Was wird den beiden wohl als nächstes passieren? Warum passiert ihnen so viel schlechtes? Warum behandeln manche Menschen sie nur so schlecht? Man kann sich gut in James hineinfühlen, auch, als er den Entzug macht oder als er sich immer wieder Gedanken macht, wie er und Bob bloß über die Runden kommen sollen. Auch verschönt oder versteckt er seine Drogenvergangenheit nicht, er legt so offen es ihm möglich ist und er es auch möchte, wie es ihm in der Zeit ging, was ihn in die Drogenszene gebracht hat und auch, wie er dort wieder raus kam. Es eine Erzählung seines, pardon, das Leben der Beiden und so ist es weder künstlich aufgebauscht, noch eine lose Ansammlung von Ereignissen, wie in einem Geschichtsbuch. Stattdessen fühlt man mit den Charakteren, oft genug hatte ich ein Bild von den beiden vor Augen, wie sie auf den Straßen Londons stehen (auch wenn ich nicht wusste, wie die aussehen) und zusammen Geld verdienen, um Tag für Tag genug Essen zu haben. Auch hat mir das Buch die Augen geöffnet, oft genug bin ich an Musikern vorbeigelaufen und habe ihnen nichts in den Gitarrenkoffer geworfen; oder Leuten mit Hunden Geld gegeben. Oft genug habe ich einfach kein Kleingeld dabei oder ich habe es eilig. Oder ich bin mir nicht sicher, ob die Person wirklich bedürftig ist oder nur ein Teil einer Bettelmafia, die es vor allem in Großstädten wie München geben soll. Als ich das gelesen habe, ist es mir erst so richtig bewusst geworden. James beschreibt auch, dass er die Aufmerksamkeit, das Mitleid und auch das Geld der Leute erst bekommen hat, als Bob mit zu seiner Arbeit kam und wann immer Bob ihn nicht begleitete, war er wieder Luft für die meisten. Mir geht es auch so, dass ich Leute mit Hunden schneller und mehr Beachtung schenke, als Leuten ohne Hunden. Zumindest möchte ich meine Denkweise überarbeiten und nicht hinter jedem bettelnden Menschen ein armes Opfer der Bettelmafia sehen, vor allem, da mir eigentlich auch immer die Tiere leid tun. Wie auch die Besitzer.

Das Buch an sich war sehr interessant geschrieben, interessant bis unterhaltsam und ich habe immer mit den beiden mitgefiebert, gehofft und gelitten, wenn ihnen jemand mal wieder schwere Steine in den Weg gelegt hat.

Leseprobe:
"Das Glück liegt auf der Straße", sagt ein Sprichwort. "Man muss es nur aufheben. Aber die meisten Menschen gehen achtlos daran vorbei."
Viele Jahre war ich auch einer von diesen Achtlosen. Immer wieder wurde mir die sprichwörtliche zweite Chance geboten, mein Leben zu ändern, aber ich habe sie jedes Mal ungenutzt verstreichen lassen. Bis zum Frühjahr 2007.
Damals habe ich Bob kennengelernt. Und wenn ich heute darüber nachdenke, sehe ich, dass unsere Begegnung auch seine zweite Chance war.
Es war an einem düsteren Donnerstagabend im März. London hatte den Winter noch nicht ganz abgeschüttelt. Manche Tage waren klirrend kalt, besonders wenn der Wind von der Themse rüberwehte. An diesem Abend lag sogar ein Hauch von Frost in der Luft. Deshalb kam ich früher als sonst nach Hause, in meine erst vor Kurzem neu bezogene Sozialwohnung in Tottenham, einem Stadtteil im nördlichen London. Meinen Lebensunterhalt verdiente ich mir damals in der Innenstadt - als Straßenmusiker in Covent Garden, dem angesagten Künstler- und Partyviertel im Zentrum von London mit den vielen Pubs, Restaurants und Bühnen.
Wie immer hatte ich meine schwarze Gitarrentasche und den Rucksack geschultert. An diesem Abend war Belle mitgekommen, meine beste Freundin. Vor vielen Jahren waren wir mal ein Paar gewesen, aber inzwischen war unsere Beziehung wirklich rein platonisch. Wir hatten vor, uns beim Take-Away neben meinem Mietshaus ein billiges Curry zu holen. Damit wollten wir es uns vor meinem Schwarz-Weiß-Fernseher, den ich im Second-Hand-Laden in der Nachbarschaft erstanden hatte, gemütlich machen.
Der Aufzug in meinem Mietshaus war mal wieder außer Betrieb, und die Beleuchtung im Eingangsbereich war auch kaputt. Wir mussten den mühsamen Weg durchs Treppenhaus in den fünften Stock in Kauf nehmen. Als wir uns durch den Flur Richtung Treppenaufgang vortasteten, bemerkte ich trotz der Dunkelheit, wie in einiger Entfernung vor uns ein Augenpaar aufblitzte.
"Wir werden beobachtet", flüsterte ich zu Belle. Ein kläglicher Ton folgte meiner Bemerkung. Das klang doch ... wie eine Katze in Not!
Vorsichtig tappte ich mich an der Wand entlang auf die immer wieder aufleuchtenden Katzenaugen zu. Und dann wäre ich fast über die Katze gestolpert. Sie hockte zusammengekauert auf der Fußmatte vor einer Nachbarswohnung und blinzelte mich überrascht an. Eine ziemlich zerrupfte rote Katze.

Fazit:
Das Buch hat mir auf jeden Fall gut gefallen - perfekt ist es nicht, aber man kann es sich auf jeden Fall holen und mal lesen, würde ich sagen. Man fühlt schon ziemlich stark mit Bob und James mit; die ganze Zeit hatte ich gehofft, dass es James schafft, von der Sucht wegzukommen und den beiden ein besseres Leben gewünscht. Zwar wird das im Buch nicht aufgegriffen, aber heute scheinen die beiden wohl wirklich ein viel besseres Leben zu führen, was ich den beiden auch nach dem Lesen des Buches gönne. Insgesamt vergebe ich an das Buch 4 Rubine und spreche an dieser Stelle, wie gesagt, eine Leseempfehlung aus.







Quelle:
Selbst geschossen

2 Kommentare:

  1. Hallo liebe Kira,
    ich habe Bob, der Streuner vor langer Zeit mal gelesen. Mir hat die Geschichte auch unglaublich gut gefallen. Mittlerweile gibt es ja auch schon eine Verfilmung dazu. Die kenne ich allerdings noch nicht. Ich meine auch, dass der Autor mittlerweile auch schon mindestens noch ein weiteres - ich glaube aber sogar schon zwei (?) - weitere Bücher über Bob geschrieben hat. Da ich den ersten Band sehr schön in sich abgeschlossen und sehr gut umgesetzt fand, habe ich bislang noch keine weiteren Bücher gelesen. Ich habe Angst, dass eine Fortsetzung an Band 1 nicht ganz herankommen kann. Wirst du weitere Bücher von Bob lesen oder gar den Film ansehen?

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    Antworten
    1. Hallo Tanja^^

      Den Film werde ich mir irgendwann vermutlich ansehen, aber weitere Bücher werde ich erstmal nicht lesen.

      Lg,
      Kira

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