Samstag, 14. November 2020

[Rezension #116] Bedingt einsatzfÀhig

 

 

Name: Bedingt einsatzfĂ€hig
Autor: Constantin Wißmann
Genre: Non-Fiction
Preis: € 15,99
Seiten: 204
Sprache: Deutsch
Erscheinungsjahr: 2019
ISBN: 978-3-7423-0867-2
Verlag: riva Verlag

 

 

 

 

 RĂŒckentext:

Ist Deutschland noch verteidigungsfĂ€hig? 

Die Bundeswehr ist in einem katastrophalen Zustand. Im In- und Ausland gilt sie mittlerweile als Lachnummer. Vier von zehn neuen Panzern sind nicht nutzbar, jeder dritte Kampfjet muss am Boden bleiben - die Truppe ist kaum noch handlungsfĂ€hig. Dabei sind ihre Aufgaben gewachsen. SpĂ€testens seit sie nicht mehr nur fĂŒr die Landesverteidigung zustĂ€ndig sind, sondern "unsere Sicherheit am Hindukusch verteidigt". Die StreitkrĂ€fte gehen in die zahlreichen EinsĂ€tze mit dem schlimmsten GefĂŒhl, das ein Soldat haben kann: nicht ausreichend ausgestattet zu sein. FĂŒr ein Land von der GrĂ¶ĂŸe und globalen Bedeutung Deutschlands ist der miserable Zustand der StreitkrĂ€fte ein Skandal. Wie es so weit kommen konnte und was das fĂŒr die Zukunft unseres Landes bedeutet, davon erzĂ€hlt dieses Buch.

  

Meinung (Achtung, möglicherweise Spoiler!):

Ich muss zugeben, dass mich das Thema MilitĂ€r oder Bundeswehr nie wirklich interessiert hat; und ich habe dazu auch keinen BerĂŒhrungspunkt. Abgesehen davon war ich als weibliche Person nie von der Wehrpflicht, bevor diese abgeschafft worden war, betroffen gewesen, daher ist und war die Bundeswehr nie etwas, mit dem ich groß in BerĂŒhrung kam, außer auf irgendwelchen Ausbildungsmessen oder auf der Gamescom, wenn ich sie da gesehen habe (oder eines ihrer Fahrzeuge). Dennoch bekomme ich auch hier und da etwas mit, wenn bei der Bundeswehr etwas schief lĂ€uft. Ist zwar nicht viel, aber selbst ich bekomme etwas davon mit. 

Doch wie schlecht es wirklich um die Bundeswehr steht, das wusste ich vor dem Lesen des Buches bisher noch nicht. Der Autor erzĂ€hlt in wenigen Kapiteln leicht verstĂ€ndlich, was genau die Probleme sind, die die Bundeswehr lahm legen; wer genau dahinter steckt und was bei den ganzen komplizierten VorgĂ€ngen passiert ist. Auch schlĂŒsselt er auf, wer genau an was Schuld ist und welche Konsequenzen die ganzen Fehlentscheidungen und Selbstverteidigungsversuche der Verteidigungsminister auf die Bundeswehr und damit auch auf den Rest des Landes haben. Er fĂ€ngt damit in der Vergangenheit an, mit den GrĂŒnden fĂŒr die GrĂŒndung der Bundeswehr und auch, wie sie sich ĂŒber die Jahre entwickelt hat; ebenso auch, wie sie sich modernen Problemen stellt. Dass beispielsweise die Bundeswehr als Arbeitgeber nicht sonderlich attraktiv ist und es auch weniger Leute gibt, die seit der Abschaffung der Wehrpflicht dorthin gehen, dĂŒrfte ja bekannt sein. 

Doch der Autor kommt nicht sehr ĂŒberheblich rĂŒber oder hebt den moralischen Zeigefinger allzu weit hoch, er gibt dem Leser einen Eindruck davon, wie komplex das Problemkonstrukt, das die komplette Bundeswehr von A bis Z umgibt. Auch gibt es nicht DIE Ursache oder DEN Schuldigen, ebenso auch wenig DIE Lösung. Dennoch gibt er den einen oder anderen Denkanstoß und auch LösungsvorschlĂ€ge, mit denen man die Bundeswehr ein wenig besser machen könnte. Nicht nur einmal habe ich beim Lesen innerlich oder Ă€ußerlich den Kopf geschĂŒttelt, weil ich einfach nicht glauben konnte, was ich da gelesen habe. Besonders, wenn es solche Dinge sind wie dass ein Kampfflieger (?) durch dreckige Soldatenschuhe bereits beschĂ€digt werden kann; oder wenn man lieber viel Geld fĂŒr ein mobiles KampfgerĂ€t, welches untauglich sein soll, ausgibt, als ein besseres Modell aus dem Ausland geschenkt zu bekommen. Da muss ich beim Lesen mir doch immer mal wieder an den Kopf fassen.

  

Leseprobe:

Ich schlief noch in einem Container in Camp Marmal, dem Hauptquartier der Bundeswehr in Afghanistan, als es knallte. Es ist schwer, diesen Knall im Nachhinein mit etwas zu vergleichen. Es war einfach sehr laut. Dass ich fĂŒr eine Recherche im FrĂŒhjahr 2015 das Lager besuchen musste, hatte mir vorher keine Angst gemacht. Ich wusste, dass es auf der Welt kaum besser bewachte Orte gibt als das Camp vor der Stadt Marar-i-Sharif. Ich war schon einige Male in der Hauptstadt Kabul gewesen und habe dort an StraßenstĂ€nden Kebap gegessen. Das war viel gefĂ€hrlicher. Aber der Knall Ă€nderte das mit der Angst. Am besten liegen bleiben, dachte ich. Ein paar Minuten spĂ€ter klopfte der mit der Pressebetreuung beauftragte Oberfeldwebel an der TĂŒr. "Tja, dann haben wir wohl jetzt einen Alarm", sagte er. SpĂ€ter kam heraus, dass auf dem Flugfeld eine 107-mm-Rakete eingeschlagen war. Niemand wurde verletzte, nichts zerstört. Doch als ich danach in Schutzhelm und Schutzweste im Zimmer saß und Dosenravioli und Cola frĂŒhstĂŒckte, weil ich den Container wĂ€hrend des Alarms nicht verlassen durfte, dachte ich an meine erste Zeit in der Bundeswehr zurĂŒck und wie wenig das hier mit dem zu tun hatte, wie ich die Truppe zuerst kennengelernt hatte. Das hier war verdammt ernst.

  

Fazit:

Ich bin ehrlich gesagt froh, dass ich mir das Buch aus der Bibliothek ausgeliehen und damit dem Buch eine Chance gegeben habe. Zwar bin ich immer noch nicht jemand, der sich fĂŒr derartige Themen auskennt oder gar interessiert, dennoch finde ich es gut, dass ich darĂŒber mal gelesen habe; in einem sachlichen Buch. Zwar gibt es kaum bis gar nichts, was ich persönlich dort dagegen machen könnte, aber ist eines von den Dingen, wo ich ich mir denke: Ja, davon sollte man wenigstens einmal was gehört oder gelesen haben. Außerdem war es anschaulich und zum Nachdenken anregend geschrieben. Von mir bekommt es fĂŒnf Rubine und die Leseempfehlung, dass man es zumindest einmal durchgelesen hat, damit man auch noch besser im Bilde ist, so wie ich. 

  

 



  

 

 

Quelle:

Bild: Selbst geschossen

1 Kommentar:

  1. Hallo Kira,

    ich finde solche Themen eigentlich hochspannend und werde das Buch garantiert auch einmal lesen. Zwar bringt es mich gleichzeitig zum Verzweifeln, wenn klar wird, wie naiv, egoistisch und engstirnig die meisten "da oben" handeln, die doch fĂŒr unser aller Wohl zustĂ€ndig sind. Aber es hat auch eine gewisse Komik, dass gerade die Institution, die das Land sichern sollte, Gegenstand eines Buches wird, dessen Untertitel beinahe so absurd klingt, dass es sich doch nur um einen schlechten Scherz handeln kann (aber bitterer Ernst ist).

    Vielen Dank fĂŒr deine interessante Rezension!
    Liebe GrĂŒĂŸe,
    Isa

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